Iran gehört zu den weltweit größten Heroinhändlern


Wikileaks-Depeschen enthüllen das Ausmaß des Schmuggels des Iran nach Europa. Staatliche Stellen sind maßgeblich beteiligt und erschließen sich so neue Finanzquellen

 

Der Iran – oder zumindest die iranische Revolutionsgarde – ist seit wenigen Jahren einer der größten Drogenhändler der Welt. Das geht aus einer ganzen Reihe als geheim klassifizierter US-Depeschen hervor, die der Zeitung „Die Welt“ zugänglich gemacht wurden. Die Depeschen stammen von der amerikanischen Botschaft in Aserbaidschan. Eine zentrale Aufgabe der Botschaft dort besteht darin, den Iran zu beobachten, denn es gibt intensive Kontakte zwischen Aseris in beiden Ländern – 30 Prozent der iranischen Bevölkerung sind aserischer, also aserbaidschanischer, Abstammung.

Aber der Drogenhandel selbst läuft sozusagen direkt unter den Augen der Amerikaner ab: Die Hauptroute führt durch Aserbaidschan nach Europa. Unter Bezug auf vertrauliche Angaben örtlicher UN-Ermittler der Drogenbekämpfungsbehörde UNODC meldet eine geheime Depesche vom 12. Juni 2009 einen schwindelerregenden Anstieg des Drogenhandels vom Iran über Aserbaidschan: Im ganzen Jahr 2006 seien nur 20 Kilo Heroin iranischen Ursprungs in Aserbaidschan entdeckt worden, im ersten Quartal 2008 dagegen 15.000 Kilo, und im ersten Quartal 2009 seien es schon „annähernd 59.000 Kilo“ gewesen. Das Heroin, so berichtet die Botschaft, sei nach Angaben der aserischen Regierung „voll laborprozessiert“ und „marktfertig“.

Dass es überhaupt eine UNODC-Präsenz in Aserbaidschan gibt, das geht den Depeschen zufolge auf eine persönliche Bitte von Staatspräsident Ilcham Alijew zurück, der über die Entwicklung alarmiert war. Es sind erstaunliche Zahlen, wenn eine Schätzung der UNODC zutrifft, dass in Afghanistan im Jahr 2008 etwa 7700 Tonnen Rohopium produziert wurden, was etwa 770 Tonnen Heroin entspricht. Etwa 20 Prozent des weltweit produzierten Heroins werden, so schätzt man, durchschnittlich von Sicherheitsbehörden beschlagnahmt.

Demnach hätte Aserbaidschan also im ersten Quartal 2009 etwa 7,5 Prozent der Heroinproduktion aus afghanischem Opium beschlagnahmt. Afghanistan ist der bei Weitem größte Produzent von Opium. Diese Größenordnung legt nahe, dass der Heroinhandel heutzutage vorwiegend über den Iran läuft, dass der Iran den größten Teil der afghanischen Rohopium-Produktion kauft und der größte Teil der weltweiten Heroinproduktion im Iran erfolgt.

In einer als „Secret/Noforn“ klassifizierten Depesche (geheim, kein Zugang für Ausländer) versucht die US-Botschaft in Baku am 26. September 2008 die Gründe für den explosionsartig wachsenden Drogenhandel zu verstehen. Die Beschlagnahmungen entsprechen nur „rund einem Fünftel des Gesamtvolumens an Heroin, das nach Aserbaidschan kommt“, heißt es da, und „95 Prozent kommen aus dem Iran, fast die gesamte Menge geht weiter auf den europäischen Markt“.

Das bedeutet, dass iranische Drogenhändler bei Europas Konsumenten Hunderte Millionen, wohl eher mehrere Milliarden Euro abkassieren – ein Gramm Heroin kostet Experten zufolge auf der Straße (in Europa) etwa 60 Euro. Die Großhändler erhalten davon etwa die Hälfte. Schätzungen zufolge geben Europas Drogenabhängige jährlich rund 15 Milliarden Euro für Heroin aus.

Wer aber sind die iranischen Händler, und warum die plötzliche Route über Aserbaidschan? Die Depesche aus dem Jahr 2008 verweist auf die Tatsache, dass die bisherige Hauptroute über das Kurdengebiet in die Türkei schwierig geworden sei, durch den eskalierenden, bewaffneten Konflikt zwischen der türkischen Armee und der PKK. Ein anderer Faktor sei, dass die russische Drogenmafia von Aseris beherrscht würde. Vor allem aber zeigt die Entwicklung nach Meinung der UNODC-Ermittler – so heißt es in der Depesche aus dem Jahr 2008 – dass es neuerdings große Heroinlabore im Iran zu geben scheint, vor allem in Tabriz, und dass der Iran zu einem „bedeutenden Produktions- und Transportzentrum für Heroin in Richtung Europa“ heranwächst.

In einem Kommentar der Botschaft am Ende der Depesche heißt es, die Angaben der Gesprächspartner „decken sich mit unseren Eindrücken“. Hinzuzufügen sei jedoch, dass zwar das aserische Ministerium für Nationale Sicherheit „große Fortschritte“ im Kampf gegen den Drogenschmuggel mache, dasselbe könne man jedoch nicht von der Zollbehörde und den Grenztruppen behaupten. Obwohl die Zollbehörde über spezielle K-9-Einheiten verfüge, würden diese nicht gegen Drogenhändler eingesetzt. Bei mehreren Gelegenheiten, als Vertreter des INL (das zum US-Außenministerium gehörende Bureau for International Narcotics and Law Enforcement Affairs, eine Art Beratungsstelle für die US-Regierung zum internationalen Drogenhandel) aserische Zollfahnder an der Grenze zum Iran begleitet hätten, „schienen die Zollbeamten unfähig oder unwillig, Fahrzeuge effektiv zu durchsuchen“.

Sicherheitskräfte beteiligt

In einer anderen, als „geheim“ klassifizierten Depesche vom 15. Oktober 2009 zitiert die Botschaft den stellvertretenden aserischen Außenminister Khalafow mit den Worten, iranische Sicherheitskräfte kontrollierten den Handel. Wenn Aserbaidschan iranische Drogenhändler – wohl auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens – an den Iran ausliefere, damit sie ihre Gefängnisstrafen im Heimatland absitzen, dann komme es oft vor, dass sie gleich wieder freigelassen würden.

Die afghanische Regierung, so wird Khalafow in der Depesche zitiert, habe der Regierung in Baku mitgeteilt, dass „iranische Sicherheitskräfte“ aktiv mit „ausgewählten afghanischen Gruppen von Drogenhändlern kooperieren“. Außerdem hätten, so wird Khalafow in der Depesche zitiert, Verhöre festgenommener Drogenhändler ergeben, dass Angehörige der iranischen Sicherheitskräfte aktiv an Handel und Herstellung beteiligt seien. Aus den Depeschen wird nicht offenbar, inwieweit der Drogenhandel einen politischen Hintergrund hat, obwohl Regierungsvertreter in Baku klagen, der Iran wolle Aserbaidschan „destabilisieren“, indem er das Land mit Drogen überschwemme. Aus vielen geheimen US-Depeschen zum Thema Iran wird aber deutlich, dass intensive Machtkämpfe insbesondere zwischen mächtigen Führern der Revolutionsgarden und den Geheimdiensten ablaufen. Sollten tatsächlich die Revolutionsgarden oder der iranische Staat den Drogenhandel organisieren, dann bedeutet das: Europas Drogenabhängige finanzieren das Regime mit Milliardenbeträgen.

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Teheran verschärft Repression


Das iranische Regime hat eine neue Säuberungswelle gestartet. Im Visier der Justiz sind jetzt auch die beiden bekanntesten Oppositionsführer der grünen Bewegung.

 

Mousavi, Karroubi

Teherans Generalstaatsanwalt wähnt sich bald am Ziel. «Den Anführern des Aufstands wird definitiv der Prozess gemacht», hat Abbas Jafari Daulatabadi gesagt. Und er fügte warnend hinzu, die Liste der Anschuldigungen werde länger sein als die «Aufwiegler» es sich vorstellten. Kurz zuvor hatte Irans geistliches Oberhaupt, Revolutionsführer Ali Khamenei, verkündet, die «Aufwiegler» hätten mit ihrer «Verschwörung» der «Islamischen Revolution und dem iranischen Volk grossen Schaden» zugefügt. Es klang wie eine Aufforderung an die Justiz, endlich auch die Köpfe der Oppositionsbewegung vor Gericht zu bringen.

Mit «Aufwieglern» sind Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi gemeint, die sich nach dem umstrittenen Wahlsieg von Präsident Mahmoud Ahmadinejad im Juni 2009 an die Spitze der Massenproteste gestellt hatten. Beide sind seit Monaten isoliert und kommunizieren praktisch nur noch über das Internet mit ihren Anhängern. Sie leben faktisch unter Hausarrest: Ihre Pässe mussten sie abgeben, das Land dürfen sie nicht verlassen.

Exodus der Künstler

Den Druck spürbar erhöht hat die islamistische Regierung in den vergangenen Wochen auch gegen Menschenrechtler und Kulturschaffende. Zuletzt verurteilte ein Gericht in Teheran die 45-jährige Anwältin Nasrin Sotudeh zu elf Jahren Gefängnis wegen «Verbrechen gegen die nationale Sicherheit». Die Staatsanwaltschaft warf ihr vor, ausländischen Medien Interviews gegeben zu haben. Nun darf Sotudeh zwanzig Jahre lang ihren Beruf nicht ausüben und nicht ins Ausland reisen. Sotudeh ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von drei und zehn Jahren.

Dutzende von Anwälten, die sich im Iran für die Menschenrechte einsetzen, teilten laut Amnesty International dasselbe Schicksal. Die Einschüchterungskampagne gegen Oppositionelle ist umfassend. Kurz vor ihrer Verhaftung hatte Sotudeh erfahren, dass gegen mehr als dreissig Berufskollegen Strafuntersuchungen wegen Steuervergehen vorbereitet werden, um sie auf diese Weise zur Aufgabe ihrer Tätigkeit zu zwingen.

Repressionswelle während Feiertagen

Auch die iranische Kulturszene bekommt die neue Brutalität des Regimes zu spüren. Der mehrfach preisgekrönte Filmregisseur Jafar Panahi wurde Ende Dezember zu einer sechsjährigen Haftstrafe und einem zwanzigjährigen Berufsverbot verurteilt. Seine Kollege Rafi Pitts, der heute im französischen Exil lebt, hat für den 11. Februar, den Revolutionstag im Iran, zu einem weltweiten zweistündigen Solidaritätsstreik für Panahi aufgerufen. Viele Künstler haben den Iran in den vergangenen Monaten verlassen. Die Verbliebenen arbeiten immer öfter im Untergrund. «Es weiss niemand mehr, was legal und was illegal ist», sagte Regisseur Pitts in einem Interview mit der Berliner «Tageszeitung».

Politiker, Menschenrechtler, Journalisten, Studentenführer, Künstler – die Liste der Inhaftierten wird im Iran täglich länger. Den Beginn der Repressionswelle, Ende Jahr, hält Iran-Experte Maziar Bahari für keinen Zufall: «Das Regime hat bewusst die Feiertage gewählt, weil die mediale Aufmerksamkeit im Westen in dieser Zeit deutlich geringer ist.» Die neue Härte sei allerdings kein Zeichen der Stärke. «Wer sich stark und sicher fühlt, braucht keine Gewalt gegen die eigenen Bürger.» Die drastischen Urteile und die vielen Verhaftungen zielten auf Abschreckung. «Das Regime will, dass sich die oppositionellen Reformer endlich aus der Politik raushalten», sagt Bahari.

Zurzeit überbieten sich die iranischen Behörden im Erfinden von neuen Kontrollinstrumenten. Die Polizei hat letzte Woche eine neue Cyber-Abteilung angekündigt, um den elektronischen Verkehr der Iraner zu überwachen. Und das Ministerium für Kultur und islamische Führung will nur noch solche Filme produzieren lassen, die sich nach dem Glauben und der islamischen Moral richten.

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